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Die Magie von Design Thinking: Ein Interview mit Digital Product Designer Erkan Öğümsöğütlü

23. November 2021 in Unternehmen Backstage

Design Thinking ist im Bereich der Innovation und Digitalisierung nicht mehr wegzudenken. Bei der Spread Group bildet der Kreativ-Prozess das Handwerkszeug unserer Produktentwickler*innen. Sich komplexen Problemstellungen systematisch widmen und dabei innovative Produkte und Services entwickeln ist das täglich Brot von Erkan Öğümsöğütlü. Seit drei Jahren ist der Digital Product Designer bei der Spread Group tätig und treibt mit seiner Design-Thinking-Erfahrung unsere Marke SPOD, ein Dropshipping-Anbieter, voran. Wir haben Erkan gefragt, was Design Thinking ausmacht, was für Erfolgsfaktoren und Herausforderungen er sieht und welche Tipps er teilen kann.

Hallo Erkan, wie würdest Du jemanden Design Thinking erklären, der noch nie davon gehört hat?

Design Thinking ist ein spezieller Ansatz, der dabei hilft, uns komplexen Problemen zu widmen und diese zu lösen. Innerhalb dieser Herangehenweise gibt es bestimmte Phasen, die Designer*innen durchlaufen müssen, um ein Problem effektiv anzugehen und zu bewältigen. Der Begriff “Design” in Design Thinking ist jedoch nicht nur im visuellen Sinne zu verstehen. Vielmehr versteht es sich als ein Prozess, bei dem der Bedarf und die Probleme selbst untersucht werden und man sich auf eine Art des Experimentierens stützt, um der idealen Lösung näherzukommen. Im Grunde genommen ist der Design-Thinking-Ansatz nicht nur für digitale Produkte geeignet. Er kann für jede Art von komplexen Problematiken angewandt werden, z. B. im öffentlichen Nahverkehr, bei der Organisation von Festivals, bei der Museumsplanung, bei Fabrikprozessen etc.

Und wie genau läuft es ab?

Denk an ein Problem, ganz gleich aus welchem Bereich, welches dir im Alltag häufig begegnet. Seien es Schwierigkeiten mit dem Fahrkartenautomaten in öffentlichen Verkehrsmitteln oder eine Website, die du täglich besucht, die aber in ihrer Bedienung wenig intuitiv ist. Um dieses Problem lösen zu können, müssen diejenigen, die für eine bestimmte Dienstleistung oder ein Produkt verantwortlich sind, ihre Zielgruppe/Nutzer*innen und dessen Bedürfnisse ausgesprochen gut kennen. Sie müssen die Schmerzpunkte der Kund*innen en détail untersuchen, um diese vollständig erfassen und optimal lösen zu können.

Die Herangehensweise von Design Thinking lässt sich im Grunde genommen in fünf Phasen gliedern. In der ersten Phase geht es darum, das Problem mithilfe von tiefgehender Forschung zu verstehen. Im Rahmen der zweiten Phase müssen die identifizierten Kernprobleme und ihre Details definiert werden. Erst danach können wir als Designer*innen anfangen, über mögliche Problemlösungen zu spekulieren. Die Generierung von Ideen ist die dritte Phase, in der Designer*innen hauptsächlich Hypothesen aufstellen, die das Problem theoretisch lösen könnten. Bevor man eine Idee direkt praktisch umsetzt, was u. a. kostspielig und riskant sein könnte, ohne herauszufinden, ob sie das eigentliche Problem wirklich löst, ist es klüger, einen Prototyp zu erstellen, um alle Details der Hypothese zu definieren. Aus diesem Grund beinhaltet die vierte Phase das Prototyping und die fünfte Phase, die Hand in Hand mit dem Prototyping geht, widmet sich dem Hypothesentesten. Diese Tests sind in der Praxis als “Usability-Tests” oder “User-Tests” bekannt.

In der Theorie kann sich das nach einem sehr linearen und streng ausgerichteten Prozess anhören, aber in der praktischen Anwendung ist es ein iterativer Prozess. Stoßen Designer*innen bei der Erstellung des Prototyps oder in der Testphase auf (zuvor noch nicht bekannte) Probleme, ist es nicht unüblich, einen Schritt zurückzugehen und sich einer Phase mit neu gewonnenem Input erneut zu widmen. Als Ergebnis wird eine vertestete und für gut befundene Idee umgesetzt, um deren Tragweite zur Verbesserung der User-Erfahrung in vollem Umfang zu erfassen.

Hast Du ein Beispiel aus Deinem Arbeitsalltag?

Gemeinsam mit meinem Team arbeite ich proaktiv an der SPOD-Web-App. Mit der Web-App können registrierte Nutzer*innen Designs auf Kleidungsstücke und Accessoires platzieren, um sie über externe Marktplätze und Shop-Plattformen (wie Shopify, Amazon, Etsy) an ihre Kund*innen zu verkaufen. SPOD übernimmt den Designdruck auf die Produkte. Um ein Design für ein bestimmtes Produkt auszuwählen oder hochzuladen, gibt es eine Benutzeroberfläche, mit der die Nutzer*innen direkt interagieren können. Dies ist der am meisten genutzte Bereich der Web-App. Das bedeutet, dass wir Produktentwickler*innen an dieser Schnittstelle auch die meisten Erkenntnisse über die Nutzererfahrungen erlangen. In der Regel erfahren wir durch Umfragen, Social-Media-Interaktion, direkte E-Mails, Usability-Studien und Datenanalysen, wo die Schmerzpunkte der SPOD-Nutzer*innen im Umgang mit der Web-App liegen. Sobald ein Problem häufiger an uns herangetragen wird, kommt die erste Design-Thinking-Phase ins Spiel. Wir setzen uns dann tiefergehend mit der Problematik auseinander.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die wir bisher gewinnen konnten, ist, dass sich User einen höheren Automatisierungsgrad der Produkterstellung innerhalb der App wünschen. Sprich, sie möchten mit wenigen Klicks mehrere Produkte mit einem Design erstellen und drucken lassen. Um das Problem im Detail definieren zu können, führen Researcher Interviews mit unseren SPOD-Nutzer*innen durch. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die gewonnenen Erkenntnisse in unterschiedlichen Workshops zusammengeführt und ausgewertet, um gemeinsam in meinem Team Ideen und Hypothesen für eine Lösung zu entwickeln. Im Anschluss daran wird ein Prototyp erstellt, der diese Lösung nachahmt. Forscher-Expert*innen im Team übernehmen die notwendigen Usability-Tests und zusammen erörtern wir, ob unsere erarbeitete Lösung auch für die Nutzer*innen funktioniert. Erst dann wird eine Idee vollumfänglich umgesetzt. Meine tägliche Arbeit umfasst demnach viele kleinere und größere Teile dieser Schritte, bei denen ich die Kommunikation verwalte, Schnittstellen und Prototypen entwerfe, Tests mitgestalte, Ergebnisse auswerte und vieles mehr.

Was sind Deiner Meinung nach die größten Vorteile von Design Thinking?

Einige erwähnenswerte Vorteile sind: Anstatt ein striktes Regelwerk vorzugeben, hilft Design Thinking, sich eine nachhaltige und verlässliche Denkweise anzueignen, die sich mit vielen unterstützenden Methoden ausgestalten lässt. Der Ansatz setzt darauf, sich in den Mittelpunkt der Nutzerperspektive zu stellen, anstatt sich bei der Lösungsfindung allein auf seine Vorstellungskraft zu verlassen. Design Thinking minimiert dadurch das Risiko, Zeit, Geld und Ressourcen für unerprobte – und dadurch gegebenenfalls auch unnötige – Funktionen, Ideen und Dienstleistungen zu verschwenden. Die Ideologie leitet uns an, User-Probleme wirklich zu verinnerlichen und entwickelte Ideen vor der vollständigen Implementierung zu validieren. Design Thinking ist ein wahrer Innovationstreiber, der Kontakt zu echten Nutzern herstellt und bislang noch nicht untersuchte Möglichkeiten erkundet. Das finde ich großartig!

Erkan's opinion why Design Thinking is great

Und gibt es auch Nachteile?

Meiner Meinung nach gibt es nur Herausforderungen, denen man sich stellen muss, aber keine Nachteile von Design Thinking. Die größte Herausforderung besteht darin, eine Harmonie und einen guten Rhythmus in Zeiten von schnelllebigen Produktentwicklungsprozessen zu finden. Sollte es in der Produktentwicklung und im Designprozess aufgrund von Zeitdruck an Koordination und Zusammenarbeit mangeln, wird das Produkt oder die Dienstleistung nur schwer den größtmöglichen Nutzen aus Design Thinking ziehen können. Und das strebt kein Design-Thinking-Experte an. Nimmt man sich die Zeit, die gut durchdachte und konzeptionierte Dinge nun mal brauchen, und achtet man dabei auf ein sorgfältiges Prozessvorankommen, dann kann wahre Magie geschehen. Ich persönlich glaube an die Magie, die aus einer guten Kombination von Design und Technik entstehen kann.

Welche Tipps und Ratschläge würdest Du jemanden geben, der Design Thinking anwenden möchte? Gibt es etwas zu beachten, bevor man loslegen kann?

Zunächst einmal kann Design Thinking nicht ohne eine exzellente und verlässliche Zusammenarbeit gedacht werden. Die verantwortlichen Teams sollten daher Hand in Hand arbeiten, um den Prozess des Design Thinkings und der Produktentwicklung miteinander zu verbinden und ein effektives Ergebnis zu erzielen. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass alle Beteiligten das gleiche (Grund-)Verständnis von Design Thinking haben. Ich habe in meiner beruflichen Vergangenheit leider die Erfahrung machen müssen, dass viele Nicht-Designer*innen lediglich vages Wissen über die systematische Herangehensweise haben. Produktteams und Manager*innen sollten daher intensive Schulungen erhalten, um den Design-Thinking-Ansatz zu verinnerlichen. Nur so kann Design Thinking auch zu einem Kernbestandteil einer Unternehmens-DNA werden.

Und last but not least möchte ich an dieser Stelle unterstreichen, dass Design Thinking ohne eine solide Forschungsgrundlage keine Früchte tragen kann. Aus diesem Grund sollten Teams sicherstellen, dass sie über genügend erfahrene und kompetente Researcher verfügen, um einen effizienten Design-Thinking-Prozess zu gewährleisten. Andernfalls könnte die Magie von Design Thinking bereits hier enden.

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